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Denke ich an Rostock in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht!

21. August 2012

Vom 22. bis zum 26. August 1992 ereigneten sich im Rostocker Stadtteil Lichtenhagen das schlimmsten Rassistischen Pogrom der Bundesrepublik seit 1945!

150 Menschen gerieten in akute Lebensgefahr, weil ein entfesselter Lynchmob bereitstand, jeden von ihnen zu töten. Zu diesem Mob gehörten Neonazis aus der ganzen Bundesrepublik, aber auch Anwohner und „Normale“ Bürger Rostocks. Der Versuch, das „Sonnenblumenhaus“ zu stürmen wurden durch etwa 2.000 bis XX.000 Sympathisanten und Schaulustige vor Ort unterstützt.

Deine Gewalt ist nur ein stummer Schrei nach Liebe

Der Mob zündete unter Beifall tausender Zuschauer auf dem Höhepunkt des Pogroms ein Wohnhaus, in dem sich noch über 100 Vietnamesen und einige deutsche befanden, sowie die benachbarte „zentrale Anlaufstelle für asylsuchende“, kurz „zast“, an.

Am Sonntag will Joachim Gauck in Rostock Lichtenhagen bei einer Gedenkveranstaltung reden. Er wird sicherlich gesetzte Worte der Abscheu, des Entsetzens über das geschehen, aber auch des Lobes für die irgendwo demonstrierende Zivilgesellschaft, die Polizei und wen sonst auch immer finden.

Was er nicht erwähnen wird ist die Tatsache, das der Rassistische Lynchmob, der sich  im Rostocker Stadtteil Lichtenhagen zum Töten von Menschen zusammengefunden hat, gewonnen hat. Zwar konnte das Mord-lüsterne Pack nur ein Paar Häuser anzünden, Steine und Flaschen werfen.

Ihr vorrangiges Ziel, 150 Menschen zu töten, ist dann doch noch verhindert worden.

Politisch hat der Mob trotzdem gewonnen!

Deine Springerstiefel sehnen sich nach Zärtlichkeit

Erinnern wir uns:

Ermutigt wurde der Mob durch eine monatelange Hetzkampagne in Politik und Medien, in der rassistische Kampfbegriffen ganz selbstverständlich waren. Begriffe wie “Überfremdung”, “Scheinasylant”, “Das Boot ist voll” usw. waberten in den Medien wie Nebel.

Die CDU, die gerade erfolgreich die „Blühenden Landschaften“ im Osten Erfunden hat, machte Front gegen das im GG stehende Asylrecht. Sie versucht, die SPD von einer GG Änderung zu Überzeugen. In diesem Jahr gab es, laut Verfassungsschutzbericht (und das will was heißen) mindestens 3 Todesopfer und einige hundert Verletzte durch Rechtsradikale Gewalt.

Doch das Pogrom von Rostock-Lichtenhagen sticht heraus, und das nicht nur wegen der tagelangen Übergriffe vor laufenden Kameras.

Die Bilder aus Rostock wurden politisch ausgeschlachtet und führten zur Abschaffung des Grundrechts auf Asyl.

Nach Rostock-Lichtenhagen rief Bundeskanzler Kohl den “Staatsnotstand” aus – nicht wegen des Pogroms, sondern wegen der angeblich unerträglichen “Asylantenflut”. Nach Rostock-Lichtenhagen ist die SPD eingeknickt und hat der Grundgesetzänderung zugestimmt.

Erst als die in trockenen Tüchern war gab’s die ganzen Lichterketten gegen Rassismus. Seither fährt die Berliner Republik zweigleisig: man ist “für Demokratie und Toleranz” und “gegen Rechts”. man schiebt aber auch gnadenlos ab, sortiert und drangsaliert Menschen nach Nützlichkeit und Herkunft.

Du hast nie gelernt dich zu artikulieren

Eines noch, was den Umgang der Freunde des Mobs mit Menschen, die die Herrschaft des Mobs nicht  akzeptieren wollen, deutlich macht: Einige Wochen nach dem Pogrom hatte eine aus Frankreich angereiste Delegation der „Söhne und Töchter der deportierten Juden Frankreichs“ um Beate Klarsfeld am Rostocker Rathaus eine Gedenktafel angebracht. Die Inschrift erinnerte an die “rassistischen Gewalttaten” der Gegenwart, aber auch an die Deportation und Ermordung von Juden und Sinti und Roma während des Nationalsozialismus.

Damit hatten sie offenbar einen Nerv getroffen.

Die Verwaltung ließen alle beteiligten festnehmen, im Gegensatz zu den Pogrom Tagen fanden sich plötzlich genug Polizisten, um die Bürger Rostocks vor „diesen Anmaßungen“zu schützen, drei Mitglieder der Delegation wurden inhaftiert, die Tafel wurde entfernt.

Die Besoffenen, den Hitlergruß zeigenden Menschen in vollgepissten Jogginghosen werden belohnt, indem man ihnen verspricht, die Bundesrepublik von der Asylkantenflut” zu befreien und die Gegner des Mobs werden verhaftet.

Passt!

Und deine Eltern hatten niemals für dich Zeit

Rückschwenk zu heute:

In Deutschland ist Erinnern zu einer Art Volkssport geworden, mit dem man sich selbst ein reines Gewissen sichert.

Darum wird am Sonntag, den 26. August, auch Joachim Gauck über die Krawalle von Rostock-Lichtenhagen eine Rede Halten. Was uns blüht hat er schon mal in einem Interview mit der „Märkische Allgemeine“ [1] zu Protokoll gegeben.

Mensch muss nicht alles lesen, was er dort absondert. Kernsätze, die die Bereitschaft zur Reinwaschung der Täter und fehlender Empathie gegenüber den Opfern ausdrücken, reichen eigentlich.

Wie üblich, wenn Deutsche Politiker über das Pogrom von Rostock Lichtenhagen Reden, darf der Satz „Anfang der 90er Jahre waren viele Menschen im Osten ohne Arbeit und orientierungslos.“ nicht fehlen.  Unabhängig von der Frage, ob es nicht Zeit ist, sich einen Neuen Phrasomat anzuschaffen, will ich das mal ernst nehmen!

Ohoho, Arschloch!

Also, Arbeitslosigkeit, verbunden mit Orientierungslosigkeit sind schuld. Na, toll, das der Rest der Menschen, die 1992 in der BRD ohne Arbeit waren, nicht angefangen haben, Asylkantenheime anzuzünden. Kurz: eine saublöde Erklärung für Totalen Kontrollverlust und das abstreifen jedes zivilisatorischen Firnis! Arbeitslosigkeit  macht Arm, vielleicht Mut und Perspektivlos. Arbeitslosigkeit macht Menschen aber nicht zu Häuseranzündenden Menschenfeinden!

Aber auch J. G. Erahnt, das sein Erklärungsversuch daneben ist. Darum schiebt er nach „Ein Teil von ihnen war anfällig für einfache Wahrheiten und für Schwarz-Weiß-Denken.“ Mensch muss nicht Rechnen können, um den Blödsinn der aussage zu erkennen. Und wer nicht: im Osten waren damals knapp 2 Mio. Menschen Erwerbslos gemeldet. Warum war der Teil, der anfällig war für schwarz-weiß denken, nur in Rostock beheimatet? Ein Mirakel, das zu erklären J.G. aber keine Zeit findet!

Hallo, was ist los, Gauck. Einige tausend Randalierende Rassisten willst du mit millionen- Arbeitslosen begründen? Wie Hohl! Warum haben, wenn diese Erklärung ziehen soll, 1992 nicht tausende von Menschen im Ruhrgebiet vor „Asylantenheimen“ gestanden und versucht, sie anzuzünden?

 Bist du ein Faschist

Der Hohlheit folgt noch viel in diesem Interview, aber die Zeit und  der Platz ist knapp, darum genug geblogt!

Lassen wir den Gauck nochmals für sich selber sprechen: „„National befreite Zonen“ gibt es ja […] nicht.“ Dieses Verleumden der Verhältnisse in Teilen der Bundesrepublik zeigt, das verharmlosen und Beschönigen die Hauptaufgabe in der Stellenbeschreibung des Bundespräsidenten ist!

 [1] http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/12378638/492531/Bundespraesident-Joachim-Gauck-ueber-die-Krawalle-von-Rostock.html

Ach ja, Mensch glaubt es kaum, aber dieser blogeintrag hat mich dazu gebracht, den obenstehenden Beitrag zu schreiben, Danke!

[2] http://kollegejansen.wordpress.com/2012/08/18/einmal-und-nie-wieder/

Nachtrag: Die Zwischenüberschriften stammen aus „Die Ärzte, Schrei Nach Liebe“