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#Hatespeech und die #AfD

11. September 2016

tl;dr Die AfD versucht, durch die Nutzung von Nazisprache, faschistische Gedanken als eine Meinung unter vielen anderen Meinungen darzustellen.

Die AfD wolle weg von diesem links-rot-grün verseuchten, man könne auch sagen, leicht versifften 68er-Deutschland. Mit diesem Bild versuchte Jörg Meuthen das Programm seiner Partei auf den Punkt zu bringen. „Verseuchung“ meint, schlägt man im Duden nach, „mit Krankheitskeimen verunreinigen“. Es geht der AfD also um „rein und unrein“, sprich „gut und böse“. Der Kampf gegen das „leicht versifften 68er-Deutschland“ ist von seiten der AfD her auch immer ein Kampf um Begriffe, ein Kampf um Sprache. Gleichzeitig werden Begriffe von der AfD manipulativ genutzt. „Lügenpresse“ ist ein Beispiel dafür. Die frage „Lügt die Lügenpresse wirklich?“ erübrigt sich im AfD umfeld. Und wenn man, wie die AfD, „Flüchtlinge“ fortgesetzt als „MigrantInnen“ bezeichnet, glaubt irgendwann niemand mehr, dass sie zu recht geflohen sind.

In Vielen Öffentlichen Wortmeldungen versuchen AfD PolitikerInnen mit „wiederbelebten Begriff von damals auch ein Stück der Ideologie dieser Zeit in aktuellen Debatten zu verankern„. AfD PolitikerInnen  arbeiten bei Öffentlichen Wortmeldungen  immer mit der gleichen Methode: Das “Wir” ist stets positiv belegt. Die Wörter zur Beschreibung der “Anderen” rufen beim Rezipienten negative Assoziationen hervor. Begriffe wie „Asozial“, “Volksverräter”, “Burka-Versteher”, “Gutmenschen”, die Etikettierung als “sozial erfolglose Underdogs” oder „Sozial Schwach“ sind nur einige Beispiele dafür. Immer häufiger versucht die AfD, durch die Nutzung von Nazisprache, „faschistische Gedanken als eine Meinung unter vielen anderen Meinungen darzustellen„.

Eine Profane Erkenntnis ist: Sprache wird oft zur Waffe. Einzelne versuchen andere durch die Benutzung von diffamierenden Begriffen zu vernichten.

Lingua Tertii Imperii

1947 veröffentlichte Victor Klemperer das Buch „LTI – Notizbuch eines Philologen“.[2] In diesem Buch analysiert er die „Lingua Tertii Imperii“, die Sprache des Dritten Reichs.Dieses Buch ist aus verschiedenen Gründen nicht nur ein fulminantes Stück Zeitzeugenliteratur, sondern es ist auch essentiell für die Entwicklung der Sprachanalyse. In der LTI  untersucht Klemperer anhand der Analyse der Alltagssprache den Zusammenhang zwischen Sprache und Denken.   
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Zum 8. Mai: Cпасибо, Thank you, Merci!

8. Mai 2016

8Mai

Am 8. Mai 1945, heute vor 71 Jahren, kapitulierten die Deutschen vor den Alliierten. Europa war, durch die Alliierten, von den Deutschen befreit worden, der Krieg in Europa war beendet.

Der 8. Mai war, für die Verbündeten in der Alliierten, und die Opfer der Deutschen und der Nazis, ein Schlussstrich unter 12 Jahre Terror und Schrecken. Und das endgültige ende der schrecklichsten Verbrechen, die Menschen jemals anderen Menschen angetan haben: der Shoa und des Porajmos.

Die Alliierten siegten über den deutschen Faschismus, beendeten millionenfaches Morden, das Leiden und die Verfolgung Andersdenkender, Andersglaubender, Anderslebender. Die Totalität der nationalsozialistischen Rassenpolitik und des Vernichtungskriegs machte aus gegensätzlichen ökonomischen und politischen Systemen Verbündete.“ 

Am 8. Mai 1945 endete der gemeinsame Kampf der Sowjetunion, der USA, Großbritanniens und Frankreichs gegen eine einzigartige Bedrohung grundlegender Werte der Menschlichkeit, von Liberalität und Demokratie.

Das heutige Europa ist ohne den Sieg über den deutschen Faschismus, seine Verbündeten und Vasallen nicht denkbar.“ Dementsprechend ist es auch so wichtig, die Errungenschaften der Heutigen Europäischen Union als Ergebnis des Antifaschistischen Kampfes der Sowjetunion, der USA, Großbritanniens und Frankreichs zu begreifen, zu bewahren und auszubauen.

Am 8. Mai 1945 kapitulierte Nazi-Deutschland bedingungslos, aber die Nazis blieben und die Deutschen wurden von Willigen Vollstreckern von Shoa und Porajmos zu selbsternannten Opfern des von ihnen angezettelten Weltkriegs.

Die Masse der deutschen waren Täter

Historisch Richtig ist hingegen: Die Masse der Deutschen waren keine Opfer. Sie waren Täter.

Zur Erinnerung: Deutschland wurde am 30. Januar 1933 nicht in einer Nacht- und Nebelaktion von den Nazis besetzt, sondern Adolf Hitler wurde zum Reichskanzler ernannt, weil am 6. November 1932 schon 33,1 % der Wähler NSDAP gewählt hatten; am 5. März 1933 waren es dann bereits 43,9 %, und im Laufe der folgenden Jahre arrangierten sich auch die allermeisten der restlichen 56,1 % mit dem neuen System.

Shoa und Porajmos konnte nur aus drei Gründen fast Reibungslos durchgeführt werden: Erstens regierten dort die radikalsten Antisemiten der Geschichte, zweitens dachte die Mehrheit der Bevölkerung schlecht von den Juden, und drittens verfügte der Staat infolge des Krieges über die militärische Macht, den Großteil der europäischen Juden in seine Gewalt zu bringen.[1]

Doch nach den 8. Mai 1945 wurde das alles ganz anders. Nicht die Verbrechen der deutschen waren wichtig, sondern vermeintliche Verbrechen an den deutschen wurden Skandalisiert und zum Teil des Kollektiven Bewusstseins.

Konrad Adenauer bot an. den Überlebenden der Shoa als „ausreichende Wiedergutmachung ein Krankenhaus in Israel für zehn Millionen DM“ spenden zu wollen. Jeder von den deutschen ermordete Juden war ihrem Kanzler 1952 1, in Worten eine(!) DM und 50 Pfennig wert. Sogar diese Erbärmliche Geste stieß auf vielfältigen Widerstand der deutschen Regierung und Öffentlichkeit.

Statt die Opfer von Shoa und Porajmos anständig zu behandeln und Materiell zu entschädigen, war es den deutschen wichtiger, Vertreibungsmythen zu Pflegen. „Diese fraßen sich tief in die deutsche Volksseele, sie sollten elementarer Bestandteil (West-)deutschen Geschichtsrevisionismus werden.“  Die deutsche Opfer-Ideologie wurde Bestandteil der Deutschen Kultur des Selbstmitleids. Schon bald löste die Erzählung vom vergewaltigenden, brandschatzenden Rotarmisten die Erinnerung an die deutschen Menschheitsverbrechen, Shoa und Porajmos, ab.

All dies wirkt noch heute in vielen Kulturergüssen nach. Filme wurden produziert. Man sieht dort etwa Deutsche, die in Zügen aus den „Ostgebieten“ deportiert wurden, Menschen mit Binden um den Arm. Man sitzt mit Hitler im Führerbunker, und irgendwie empfindet man Mitleid mit diesem müden alten Mann, der seinem Ende harrt. Die Gustloff sinkt, Deutschland taumelt orientierungslos, gedemütigt und gepeinigt durch die Trümmer dessen, was der „alliierte Bombenholocaust“ übriggelassen hat.“ 

Die deutschen wurden in ihrer Erzählung zu Opfern

Die deutschen wurden in ihrer Erzählung zu Opfern, waren nie Täter. Die Täter der Shoa, das waren die anderen, die Nazis. Sie selber, die harmlosen deutschen waren plötzlich Mitläufer, die nichts von alledem gewusst hatten.

Verschwiegen und Vergessen die Zeiten, als die Beute der Shoa unter den Volksgenossen verteilt wurde. Vergessen wurden die Massenversteigerungen Jüdischen, nichtarischem Besitz u. a. in der Messehalle Köln und im Schlachthof Düsseldorf, wo sich die, die von nichts gewusst haben wollen, wie die Geier, Blind vor Habgier, auf das Eigentum ihrer Jüdischen Freunde, Arbeitskollegen, Nachbarn gestürzt haben. In der Zeit der Deutschen Siege ließen sich jene, die nach dem 8. Mai 1945 nicht von irgendwas gewusst haben wollten, die Dividende für ihren Antisemitismus, der die NSDAP an die Macht gebracht hat, in Jüdischen, Arisierten Eigentum ausbezahlen.

Es gab Anzeigen in den Zeitungen, wann und wo die Versteigerungen stattfinden. Massenversteigerungen, auch der erbeuteten Möbel und Haushaltsgegenstände aus Westeuropa, von denen ich schon gesprochen habe. Es gab tumultartigen Andrang bei den Versteigerungen jüdischen Eigentums. Und es wurde ausdrücklich darauf hingewiesen „aus nichtarischem Besitz“. Man hat das nicht verheimlicht, man konnte sich auf die Bereicherungslust und auf den Antisemitismus verlassen.“  In den Städten, in Köln oder Düsseldorf war nach dem 8. Mai das Wehklagen und lügen groß. „Was dort versteigert wurde, man habe es doch nicht gewusst, man wollte nur ein Schnäppchen machen.“

Auch in den Dörfern z.B. in Baden und Württemberg, wo jüdisches Leben vor 1933 Existierte, wurde die Antisemitismus-Dividende ausgezahlt. Dort war es einfacher als in den Städten, denn „die Möbel wurden auf die Straße gestellt, die Wohnung leer geräumt. Alles wurde vom Gerichtsvollzieher versteigert. Und es kamen dann wirklich die Nachbarn, um die Habe der kurz vorher Deportierten billig zu kaufen, bis hin zu den Einmachgläsern mit Inhalt.

Am 8. Mai 1945 verloren die sich als Herrenmenschen Fühlenden Deutschen die Grundlage ihrer Überzeugungen, es war, als wurde ihnen der braune Boden unter den Füßen weggezogen. Der andere Teil der deutschen, die Minderheit, die, die die sich nicht an der Arisierungs Dividende bereichert haben, war der 8. Mai ein Tag der Befreiung.

Die Opfer der faschistischen, antisemitischen und rassistischen Brutalität in den Jahren der Nazi-Herrschaft sind uns heute noch Verpflichtung – gemeinsam zu handeln, aufzustehen gegen den braunen Ungeist, rechte Hetzer, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit oder gegen die Intoleranz neurechter Pegida-Bewegungen. Die Morde des NSU, die Naziaufmärsche und die Hakenkreuz-Schmierereien erinnern uns daran, dass der Schoß, aus dem Nazideutschland, Krieg und Zerstörung erwuchsen, noch immer fruchtbar ist.

Heute, am 8. Mai ist es an der zeit, in Dankbarkeit für diese Befreiung den Alliierten Cпасибо, Thank you, Merci zu sagen. Danke für die Befreiung Europas von den Deutschen und Deutschlands von den Nazis und den willigen Vollstreckern ihrer Politik!

[1] Daniel Jonah Goldhagen: Hitlers willige Vollstrecker. Ganz gewöhnliche Deutsche und der Holocaust. Aus dem Amerikanischen von Klaus Kochmann.

Aufbruch in Fahrtrichtung links.

21. Januar 2016

Eine Erkenntnis des Jahres 2015 ist: Die Piratenpartei ist tot. Als ehemalige Angehörige, Funktionsträger*innen und Mandatsträger*innen der Piratenpartei arbeiten wir seit Jahren an den Fragen für die Politik des 21. Jahrhunderts. Die Unzulänglichkeit gewohnter Vorstellungen von Gesellschaft und Politik in einer immer enger zusammenwachsenden Welt gehört genauso zu diesen Fragen wie die konkreten politischen, ökonomischen und sozialen Umwälzungen durch Migration und Digitalisierung. Klassische Begriffe der deutschen Politik, des sozialen Austauschs und der privatrechtlichen Ordnung – wie Arbeit, Wissen und Sicherheit – funktionieren inzwischen anders und verhalten sich in aktuellen politischen Kontexten völlig unterschiedlich zu unseren politischen Erfahrungswerten. Wir haben erkannt, dass – wenn wir ein offenes und menschliches Europa und einen sozialen und freien Umgang mit neuen Technologien wollen – es unsere Aufgabe ist, ebensolchen Unzulänglichkeiten zu begegnen und neue Antworten zu finden.

Keine Politik zu machen ist für uns keine Option.

Obwohl einst genau zu diesem Zweck angetreten, ist die Piratenpartei dabei keine Hilfe mehr.

Dem zum Trotz haben wir uns dazu entschieden, uns weiter für ein sozialeres und offeneres Europa und Berlin einzusetzen. Keine Politik zu machen ist für uns keine Option.

Deutschland hat im Jahr 2015 mehr als 700.000 Geflüchtete aufgenommen und zunächst notdürftig versorgt. Wie sehr die europäische und die bundesrepublikanische Gesellschaft durch

diesen Umstand erschüttert worden sind, ist noch nicht erforscht. Die Implikationen können uns noch nicht klar werden, sie beginnen und sie enden sicher nicht mit dem Aufstieg der Deutschen Rechten in Form rechtspopulistischer Bewegungen und der rechtsradikalen AfD. Wie sich unsere Gesellschaft verändern muss und verändern wird mit den Menschen in Not, denen wir die Hand reichen, lässt sich sicher auch nicht im Jahr 2016 beantworten. Das muss in den nächsten

Jahrzehnten diskutiert und gestaltet werden. Wir sind überzeugt, dass es eine linke Diskurshoheit bei diesen und allen anderen umwälzenden Prozessen der globalisierten Gesellschaft und Ökonomie braucht, wenn nicht nur der gesellschaftliche Fortschritt der nächsten Jahre vorangetrieben, sondern auch der Fortschritt der letzten Jahrzehnte bewahrt werden soll.

Das 21. Jahrhundert zeichnet sich durch eine technologische und gesellschaftliche Entwicklung aus, die Kommunikation global und somit grenzübergreifend ermöglicht. Primat linker Politik muss es jetzt sein, diese globale Bewegungsfreiheit für alle Menschen zu ermöglichen. Nach der industriellen Revolution bietet sich durch die rasante Digitalisierung der globalen Gesellschaft die nächste Chance, grundlegende Prinzipien neu zu bewerten. Immer stärker automatisierte Produktionsprozesse können es ermöglichen, menschliche Arbeit weitgehend überflüssig zu machen. Damals wie heute liegt es in der Verantwortung der menschlichen Gesellschaft selbst, dafür zu sorgen, diese Entwicklungen zu nutzen. Wenn uns Maschinen noch mehr Arbeit abnehmen können, muss das auf eine Art geschehen, dass Arbeiter*innen nicht schlechter dastehen als zuvor, denn die Befreiung von der Arbeit kann auch befreiend für uns alle sein. Es gilt, dem dystopischen, permanent überwachenden und verwertenden Repressionsapparat eine positive, in Freiheit vernetzte Gesellschaftsvision gegenüberzustellen.

2016 nimmt Schlüsselrolle ein

Das Jahr 2016 nimmt dabei nicht nur für uns eine Schlüsselrolle ein, angesichts der Tatsache, dass die Piratenpartei, mit der immer noch viele von uns identifiziert werden, im Herbst des Jahres sehr wahrscheinlich keine Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus mehr stellen wird.

Es ist vielmehr das erste Wahljahr, nach dem die Migrationsbewegung nach Europa auch Deutschland erreichte. Es ist das Jahr in dem nach fünf Jahren völligen Versagens einer uneinigen Zweckregierung in Berlin wieder neu gewählt werden muss. Die fehlende linke Diskursmehrheit hat sich in den letzten Jahren der großen Koalition deutlich bemerkbar gemacht.

Die Seehofers, die Henkels und die Czajas dieser Republik stören sich nicht an dem etablierten braunen Mob, begründet er doch ihre „besorgte Bürger“-Rhetorik und entschuldigt das Versagen bei Aufklärung und Verhinderung von rechten Gewaltexzessen.

Wir halten dagegen.

Wir halten dagegen.

Wir fordern politischen Umschwung und werden dafür kämpfen, dass rechte Parolen und Ressentiments in der Berliner Politik nicht weiter Fuß fassen. Wir treten mit aller Kraft gegen die AfD ein, die droht in das Abgeordnetenhaus einzuziehen.

Wir arbeiten daran, die Menschen in der Stadt über den wahren Charakter ihrer rechtsnationalen völkischen Verirrung aufzuklären.

Wir stehen für „Netze in Nutzerhand“ und „Religion privatisieren“.

Wir fordern endlich eine transparente und offene Verwaltung und nachvollziehbares Regierungshandeln ein. Das hat sich seit dem Einzug der Berliner Piratenfraktionen in das Abgeordnetenhaus und die Bezirksverordnetenversammlungen weder geändert, noch ist es heute weniger nötig als 2011. Im Gegenteil, das Parlament der Hauptstadt wird seit fast fünf Jahren kontinuierlich entmachtet und in seinen Kontrollmöglichkeiten behindert. Es ist kein Zufall, dass Untersuchungsausschüsse sprießen, wo eine transparentere Verwaltung und ein handlungsfähiges Parlament gemeinsam mit der Öffentlichkeit Skandale schon in der Entstehung hätten verhindern können.

In einem Klima des Filzes und der Handlungsunfähigkeit empfinden wir es als Pflicht, politisch aktiv zu bleiben und zu werden und rufen dazu auf, sich mehr und nicht weniger in demokratische Prozesse und Diskurse einzubringen.

Für uns ist der freie Zugang zu Wissen und Informationen für alle eine Frage der sozialen Gerechtigkeit.

Für uns sind Gleichstellung und ein diskriminierungsfreier Zugang zu Sicherheit, Wohlstand und individueller Entfaltung kein Versprechen für eine ferne politische Zukunft, sondern eine Frage der Notwendigkeit. Das Aufbegehren der „technologisierten Jugend“ gegen den Missbrauch von Technologie zur lückenlosen Überwachung aller Menschen ist zum Kampf vieler gesellschaftlicher Gruppen gegen den offen auftretenden Polizei- und Überwachungsstaat geworden.

Wir brauchen ein Gesellschaftsbild, dass fundamental vom Status quo der Leistungs- und Segregationsgesellschaft abweicht und über den nächsten Wahltermin hinaus reicht.

Die organisierte Linke – und damit auch die Partei die LINKE – entwickeln und diskutieren als einzige in Deutschland ein solches Gesellschaftsbild in unserem Sinne. Wir möchten dazu beitragen, diese politische Vision gemeinsam mit der Linken zu entwickeln.

Wir haben uns dazu entschieden, die Linke in Berlin im Jahr 2016 und darüber hinaus kritisch und solidarisch zu unterstützen und so an einer solidarischen Alternative zum bürgerlichen Mainstream in Europa mitzuarbeiten.

Wir sehen uns.

Unterstützende

Gerhard Anger, ehem. Landesvorsitzender Piratenpartei Berlin

Monika Belz, Mitglied BVV Treptow-Köpenick

Leonard Bellersen, Generalsekretär Junge Pirat*innen

Benjamin Biel, ehem. Pressesprecher Piratenpartei Berlin

Florian Bokor, ehem. Vorstand Piratenpartei Sachsen

Joachim Bokor, ehem. Justiziar Piratenpartei Deutschland

Frederik Bordfeld, Mitglied BVV Pankow

Marius J. Brey, ehem. Piratenpartei

Steffen Burger, Mitglied BVV Neukölln

Katja Dathe, ehem. Schatzmeisterin Piratenpartei Berlin

Martin Delius, Mitglied des Abgeordnetenhauses

Konstanze Dobberke, ehem. Piratenpartei

Cornelius Engelmann-Strauß, Mitglied BVV Treptow-Köpenick

Anisa Fliegner, Sprecherin BAG Netzpolitik die LINKE

Marcel Geppert, Mitglied BVV Marzahn-Hellersdorf

Björn Glienke, Bürgerdeputierter Marzahn-Hellersdorf

Anne Helm, Mitglied BVV Neukölln

Oliver Höfinghoff, Mitglied des Abgeordnetenhauses

Michael Karek, ehem. Vorstand Piratenpartei Berlin

Jan Kastner, ehem. Kandidat für die Piratenpartei

Deutschland

Steven Kelz, Mitglied BVV Marzahn-Hellersdorf

Martin Kliehm, Fraktion DIE LINKE Römer Frankfurt a.M.

Fabian Koleckar, ehem. Vorstand Junge Pirat*innen Berlin

Lasse Kosiol, Mitglied BVV Spandau

Matthias Koster, ehem. Vorstand Piratenpartei Trier

Andreas Krämer, ehem. Vorstand Piratenpartei Bremen

Peter Laskowski, Bundeskoordinierungskreis der Ema.Li

Hartmut Liebs, ehem. Piratenpartei

Steffen Ostehr, Mitglied BVV Marzahn-Hellersdorf

Julia Schramm, ehem. Bundesvorstand Piratenpartei

Deutschland

Volker Schröder, Mitglied BVV Treptow-Köpenick

Daniel Schwerd, Mitglied des Landtages NRW

Dr. Benedict Ugarte Chacón, ehem. Piratenpartei

Dr. Simon Weiß, Mitglied des Abgeordnetenhauses

Jan Zimmermann, ehem. Vorstand Piratenpartei Berlin

Der 27. Januar, Antisemitismus und die Singularität der Shoa

28. Januar 2015

Tl;dr Der 27. Januar und die Erinnerung an die Befreiung von Auschwitz macht klar: Auschwitz ist ohne Antisemitismus nicht Denkbar und die Shoa war einzigartig und wer diese Einzigartigkeit Relativiert, Relativiert auch die Leiden der Opfer und Verhöhnt die Toten.

 

Theodor W. Adorno’s Worte „Dass Auschwitz sich nie wiederhole…“ sind,  gerade vor dem Hintergrund des 27. Januar, der Befreiung von Auschwitz, Auftrag und Mahnung zugleich. Gleichzeitig beinhaltet Adornos Auftrag „Dass Auschwitz sich nie wiederhole…“ den Anspruch, das es wegen Auschwitz kein Vergessen der Taten geben darf.

 

„Dass Auschwitz sich nie wiederhole…“

In des italienisch-jüdischen Chemikers Primo Levi kristallklarem und nüchternem Bericht über seine Lagerhaft in Auschwitz wird den Erfahrungen absoluter Entwürdigung Reichung getragen; der Ausdruck von der „Würde des Menschen“ bzw. der „Würde des Menschen“ gewinnt vor der Kulisse von Auschwitz eine gebieterische und einleuchtende Kraft.

In seinem Bericht über die Lagerhaft macht Levi klar, das es den Nationalsozialisten nicht einzig um die Vernichtung der Juden ging. Es ging ihnen viel mehr darum, ihnen im Moment der Vernichtung jede Form von Menschsein und Würde zu nehmen.

„Mensch ist“ so notiert Levi für den 26. Januar 1944, einen Tag vor der Befreiung des Lagers „wer tötet, wer Unrecht zufügt oder erleidet; kein Mensch ist, wer jede Zurückhaltung verloren hat und sein Bett mit einem Leichnam teilt. Und wer darauf gewartet hat, bis sein Nachbar mit Sterben zu Ende ist, damit er ihm ein Viertel Brot abnehmen kann, der ist, wenngleich ohne Schuld, vom Vorbild des denkenden Menschen weiter entfernt als … der grausamste Sadist.“ Unter diesen Bedingungen schwindet dann auch die natürliche Neigung zur Nächstenliebe. Levi fährt fort: „Ein Teil unseres Seins wohnt in den Seelen der uns Nahestehenden: Darum ist das Erleben dessen ein nicht-menschliches, der Tage gekannt hat, da der Mensch in den Augen des Menschen ein Ding gewesen ist.“

Primo Levi macht klar: Waren Genozide bis Auschwitz geprägt durch den Willen, andere Völker auszulöschen, so ist Auschwitz Sinnbild für die Symbiotische Verbindung der Permanenten Demütigung und Entmenschlichung der dem Todgeweihten mit ihrer Vernichtung.

Diese Verbindung der Permanenten Entmenschlichung der dem Todgeweihten mit ihrer Vernichtung macht einen Aspekt der Singularität der Shoa in der Menschheitsgeschichte aus.

Die Permanenten Entmenschlichung der dem Todgeweihten war aber such eine Folge des dem Morde zugrundeliegenden Antisemitismus.

Antisemitismus, nicht purer Antijudaismus war es, der zu Auschwitz führte. Heutzutage wird oft behautet, Antisemitismus gäbe es nicht mehr, ja, Antisemitismus habe es nicht gegeben, usw.

Darum seie hier geklärt:

Unter „Antisemitismus“ sind Formen der Judenfeindschaft verstanden, die sich in unbegründeten, spontanen Ressentiments, unbegründeten und der Sache nach falschen Vorurteilen sowie in individuellen, gruppenbezogenen oder auch institutionellen Verhaltensweisen über verbale Hetze und politische Diskriminierung bis zum Massenmord äußern kann und auch geäußert hat.

Der mehr als zweitausend Jahre alte, in der Geschichte Europas immer wieder aufflammende, sich in unterschiedlicher Intensität äußernde Judenhass wechselte seine Form mit der Gesellschaft, in der er auftritt, auch mit ihrem Alltag. Im europäischen Bereich spielt dabei die Unterscheidung zwischen einem kirchlich gebundenen Antijudaismus und einem modernen Rassenantisemitismus die entscheidende Rolle.

So sehr der moderne Rassenantisemitismus den kirchlichen Antijudaismus voraussetzt, so wenig sind doch beide miteinander identisch.

Im Antijudaismus gelten die Juden als Gottesmörder, Kinder des Satans und Heilsverhinderer – Eigenschaften, die sie durch eine Bekehrung zum Glauben der Kirche aufgeben können.

Im modernen Rassenantisemitismus hingegen, der sich seit dem frühen 19. Jahrhundert auf den Spuren des Antijudaismus entwickelte, spielt das religöse Bewusstsein überhaupt keine Rolle mehr: Blut und Herkunft determinieren gemäß dieser Weltanschauung das Handeln des einzelnen Juden, der einzelnen Jüdin. Ein Schlagwort der frühen antisemitischen Bewegung belegt das in Reimform: „Was er glaubt ist einerlei/ im Blute liegt die Schweinerei!“ Dieser rassistische Judenhass war eine Folge der stets unvollständig gebliebenen bürgerlichen Emanzipation der Juden im westlichen und mittleren Europa des neunzehnten Jahrhunderts.

Genau dieser Antisemitismus hat konsequent zu Auschwitz geführt. Antisemitismus ist der Hintergrund, wenn Synagogen in Europa angezündet werden. Antisemitismus ist die Grundlage, wenn Terroristen Anschläge auf Jüdiche Einrichtungen planen.  Antisemitismus bildet die Basis, wenn in Europa Jüdische Supermärkte Angegriffen werden und die sich dort aufhaltenden Juden ermordet werden, einzig weil sie Juden sind. Da mögen die Freunde der Modernen Judenmörder noch so viele Nebelbomben werfen: Brennende Synagogen sind Folge von Antisemitismus , nicht von Isralekritik.

Und Antisemitismus bildet, wie geschrieben, eine der Punkte, auf dem sich die Singularität der Shoa gründen.

Die Singularität der Shoa, die Einzigartigkeit dieses Verbrechens ergibt sich aus dem Carakter der Shoa selbst. Strategien der Relativierung besteht darin, Mao, Stalin, Leopold II von Belgien oder islamische Fundamentalisten auf eine Stufe mit Hitler zu stellen. Dies stellt nicht nur eine Verharmlosung des NS-Regimes dar. Es dient, wie jede Gleichsetzung mit anderen Völkermorden dazu, die Singularität der Shoa in Zweifel zu ziehen und die unfassbarebn verbrechen der Deutschen in z.B Auschwitz zu Relativieren.  Wie auch immer gedreht und gewendet: jeder Relativirung der Shoa stellt auch immer eine Realtivirung der Verbrechen des Nationalsozialismua dar.

Worin besteht die Singularität der Shoa? Eine wichtige Frage, denn die Erklärung, warum die Shoa ein bislang einmaliges Ereignis in der Geschichte der Menschheit war, hilft eine Wiederholung zu verhindern. Beim Auseinandersetzen mit der Vergangenheit, beim Bemühen um das “Verstehen” des Warum, darf man die Gegenwart nicht aus den Augen verlieren. Auch wenn heute die Shoa eine “historische Singularität” darstellt, könnte sie sich wiederholen.[1]

 

“Einzigartig” bedeutet nicht “Unvergleichlich”

Entscheidend für das Begreifen, dass die Shoa eine “historische Singularität” darstellt, ist das Erkennen der Tatsache, dass der “Völkermord an den Juden […] der einzige [war], bei dem die Vernichtung der Opfer kein Mittel, sondern Selbstzweck war.” [2]

Aus der Einsicht, dass die Shoa eine “Historische Singularität” darstellt, kann und darf keine Hierarchisierung der Opfer abgeleitet werden. Die Erinnerung an einen Völkermord im Gedächtnis zu bewahren, heisst nicht, andere Völkermorde zu leugnen. Auch geht es nicht darum, die Shoa religiös zu verklären.

Um das klar zu stellen: “einzigartig” bedeutet nicht “unvergleichlich”, es bedeutet: Es ist mit nichts anderem gleichzusetzen.

Gulag und der stalinistische Terror

Vergleicht man zum Beispiel die Shoa mit den Massenmorden in den sowjetischen Lagern, wird der Unterschied klarer: Der „Gulag“ stellte eine Form der Vernichtung ohne Theorie und Ideologie dar. Die Vernichtung stand gerade im krassen Widerspruch zu den gelobten Prinzipien und theoretischen Grundlagen des Regimes. Formal nutzte Stalin die Theorien von Marx, Engels und Lenin zur Absicherung seiner Herrschaft, letztendlich waren sie ihm aber schlicht egal. Die Gulags und den großen Terror nutzte Stalin um seine Macht zu festigen und zementieren.

Unter den Opfern war darum auch die Elite der KPdSU zu finden, diejenigen, die die Oktoberrevolution geplant, geführt und ihr so zum Erfolg verholfen haben. Jene Menschen, die die politische Elite der UdSSR stellten und aus deren Reihen die einzige ernsthafte Konkurrenz zu Stalin erwachsen konnte, fielen dem stalinistischen Terror zum Opfer. Auch unzählige Arbeiter, Bauern und Intellektuelle fielen dem System des Stalinismus zum Opfer.

Stalin und seine Gefolgsleute nutzten den Terror, um jeden wie auch immer gearteten Widerstand gegen seine ideologielose Herrschaft zu beseitigen.

Dagegen folgte die Durchführung der Shoa aufs Grausamste der ideologischen Vorgabe von der Reinigung des Volkskörpers. Hitlers Versprechen, den eliminatorischen Antisemitismus vieler Deutscher zu befriedigen, zielte darauf ab, die Masse der Deutschen auf seine Seite zu bringen. Die praktische Umsetzung der Idee war der Masse eigentlich egal.

Damit war die Shoa Selbstzweck, nicht, wie das stalinistische Unterdrückungssystem, Mittel zur Herrschaftssicherung.

Der Völkermord in Belgisch Kongo

Im Gegensatz zur Shoa hatte der Völkermord in der belgischen Kolonie Kongo in der Zeit von 1890 bis 1908 für die Handelnden klare und logische Gründe. Er erfolgte, um den Kongo, den Leopold II als seinen Besitz betrachtete, mit größtmöglicher Effizienz auszubeuten. Darum versklavte er die Einheimischen und ließ sie für sich arbeiten. „Da man Arbeiter, die in die Kautschukbäume klettern müssen, um den begehrten Rohstoff zu ernten, nicht anketten kann, nahm man ihre Familien als Geiseln. Wenn am Ende des Tages, nach Meinung der Besitzer jener Sklaven, nicht genug Kautschuk zusammen kam, gab es eine ganze Reihe von Möglichkeiten, das den Arbeitern klar zu machen. Eine beliebte Methode war natürlich die Peitsche: 100 Schläge mit der Peitsche aus gewundenem Nilpferdleder, nach denen die Gefolterten nicht selten nie wieder aufstanden. Üblich war aber auch, sich an den als Geiseln festgehaltenen Frauen und Kindern zu vergehen: die Frauen konnte man vergewaltigen, den Kindern Füße und Hände abhacken. Man konnte aber auch das ganze Dorf inklusive sämtlicher Einwohner einfach abfackeln – man war sehr erfinderisch, wenn es darum ging zu töten ohne teure Munition zu verschwenden.“

Der Völkermord, dem schätzungsweise 10 Millionen Menschen zum Opfer fielen, war also klar ökonomisch begründet. Hier wurden Menschen zur Arbeit gezwungen, weil sie aus der rassistischen Weltsicht der Europäer einzig zu Sklaven taugten. Es ging jedoch zu keinem Zeitpunkt um die totale Vernichtung der Bevölkerung des Kongo nur aus rein rassischen Gründen.

Die Tötung von Menschen aus ökonomischen Gründen gab es jedoch in der Geschichte immer schon. Das macht die Verbrechen der Belgier im Kongo nicht weniger schrecklich und schmälert auch nicht ihr historisches Ausmaß.

Aber in der ökonomischen Begründung und in dem fehlenden Ziel der Vernichtung liegen die elementaren Unterschiede zur Shoa.

 

Die Shoa

Die Shoa stellt die durch ein ideologisch geprägtes Konzept begründete Vernichtung von Menschen dar, die mit industriellen und bürokratischen Methoden geplant, überwacht und ausgeführt wurde, nachdem die Opfer zuvor zu “Nicht-Deutschen” gemacht und zum Inbegriff der Bosheit, Macht- und Geldgier erklärt wurden. Um es mit Dieter Pohl zu sagen “Für die Explosivität des Antisemitismus im Vergleich zu den anderen Vorurteilen sorgte vor allem der von vielen geteilte Glaube, Juden seien als Kollektiv dabei, die Welt zu beherrschen, sie seien eine Bedrohung für die Menschheit“ [3]. Die Shoa war kein Ausbruch einer bestialischen und primitiven Gewalt, sondern eine geplante, industrielle, eiskalt vorgenommene Massentötung, basierend auf einem eliminatorischen Antisemitismus.

Die Shoa diente keinem militärischen, keinem ökonomischen und keinem anderen Zweck als dem, den antisemitischen Wahn vieler Deutscher zu befriedigen. Damit steht sie ohne Vergleich in der abstoßenden Geschichte der Massen- und Völkermorde.

Die Opfer der Shoa wurden nicht Opfer, weil sie etwas getan oder nicht getan hatten, sondern weil sie aus ideologischen Gründen[4] zu “Zersetzern des Volkskörpers” erklärt wurden, für die allgemeingültige Maßstäbe nicht mehr galten. „Sie [die Shoa] wurzelte nicht in einem politischen, ökonomischen oder militärischen Pragmatismus. Sie gründete auf der puren Fantasie von einer jüdischen Verschwörung, die angeblich die ganze Welt beherrschte“ [5]. Der Großteil der Deutschen fand das offenbar auch ganz in Ordnung, wenn man z. B. die Geschwindigkeit betrachtet, mit der sich Behörden, Universitäten, Privatfirmen und Vereine stolz “judenfrei” erklärten. Die Shoa stellt die Verbindung eines “modernen Rassismus ohne Rasse” mit der “destruktiven Technik einer industriell entwickelten Gesellschaft” dar, so Ernest Mandel.

Die Einzigartigkeit der Shoa geht jedoch weit über die Aufbietung modernster technischer Ressourcen, das Ingangsetzen eines regelrechten industriellen Prozesses, die Vernichtungsmaschinerie der Vergasung und Leichenverbrennung hinaus. Dies zu leugnen, hiesse, alle eingangs genannten Faktoren zu vernachlässigen.[6]

Die Shoa und der Porrajmos

Sind die Shoa und der Porrajmos, der Völkermord an den Sinti und Roma, vergleichbar? Historiker verweisen darauf, dass die Sinti und Roma mit vergleichbarer Intention, Motivation und Totalität wie die Juden verfolgt worden sind.

Das Leugnen der Shoa an den Juden ist in Deutschland ein allgemein anerkannter Straftatbestand. Das Leugnen der Porrajmos an den Sinti und Roma gehörte dagegen jahrzehntelang nach herrschender Meinung von Politikern, Juristen und Öffentlichkeit zum guten Ton in der alten BRD.

Wesentlich dazu beigetragen haben die sogenannten „Zigeunerexperten“, also jene Kriminologen, Universitätsangehörige usw. aus der Zeit des 3.Reiches, die nach der Gründung der Bundesrepublik ihr Werk fortsetzen durften. Ebenso waren diejenigen, die nach 1949 über die Entschädigung der Sinti und Roma zu entscheiden hatten, häufig dieselben Menschen, die an den Verbrechen maßgeblich beteiligt waren oder zumindest in der Tradition antiziganistischen Denkens standen.

Den Tiefpunkt des Leugnens der Leiden der Sinti und Roma bildet ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 7. Januar 1956. In diesem abscheulichen Urteil begründet der BGH einen mangelnden Anspruch von Wiedergutmachung für Sinti und Roma damit, dass „trotz des Hervortretens rassenideologischer Gesichtspunkte nicht die Rasse als solche der Grund für die darin getroffenen Anordnungen bildet, sondern die bereits erwähnten asozialen Eigenschaften der Zigeuner…“[7]

Der Porrajmos wurde in Deutschland geleugnet

Obwohl die Verbrechen an den Sinti und Roma rassistisch motiviert waren, wurde ihnen noch Jahrzehnte nach Kriegsende von deutschen Wissenschaftlern der Charakter eines Genozids abgesprochen. Wolfgang Wippermann hat nachgewiesen, dass der Rassenwahn der Nazis Ursprung der Porrajmos war. Wie Juden wurden auch „Zigeuner“ in Halb- und Viertel- „zigeuner“ eingeteilt. Nachdem sich deutsche Wissenschaftler, wie auch die deutsche Gesellschaft insgesamt, nach jahrzehntelangem Leugnen des Genozids dazu durchgerungen hatten, ihn anzuerkennen, wurde oftmals an anderer Stelle versucht, diesen Genozid zu relativieren. Dazu diente ausgerechnet die Diskussion um die Singularität der Shoa. “Hier wurde, gegen Sinti und Roma gerichtet, oft damit argumentiert, dass die Ermordung der Juden durch eine industrielle Vorgehensweise und durch eine besondere Grausamkeit gekennzeichnet gewesen sei. Bei einem Vergleich der Methoden, mit denen die Sinti und Roma ermordet wurden, muss aber festgestellt werden, dass gegen sie die gleichen Instrumente eingesetzt wurden.Sie wurden durch Arbeit, Unterernährung und Seuchen getötet. Die Sinti und Roma wurden Opfer grausamer medizinischer Experimente. Sie wurden in den Gaskammern der Vernichtungslager getötet. Ein sehr großer Teil wurde erschossen. Nur wenige überlebten die Todesmärsche.“[8]

Wiederum unter Rückgriff auf Wolfgang Wippermann kann der Singularität der Shoa sicher auch aus der Sicht der Sinti und Roma zugestimmt werden, wenn unter Shoa sowohl der Genozid an den Juden als auch der an den Sinti und Roma, also sowohl die Shoa als auch der Porrajmos verstanden wird. Beide sollten völlig ausgerottet werden. Wenn Moishe Postone schreibt „Die Ausrottung der Juden musste nicht nur total sein, sondern war sich Selbstzweck – Ausrottung um der Ausrottung willen -, ein Zweck, der absolute Priorität beanspruchte” [9], so ist diese Schlussfolgerung, wie Wolfgang Wippermann [10] feststelt,  auch auf Sinti und Roma übertragbar.

 

Relativierung der Shoa durch Vergleich

Das, was wir heute an Relativierung der Shoa sehen, ist häufig eine Verharmlosung durch Vergleich, bei der am Ende wahlweise behauptet wird, Stalin, Mao oder Leopold II von Belgien seien schlimmer als Hitler gewesen. Nun ist die Geschichtswissenschaft keine objektive Wissenschaft. Man kann in ihr Fakten nicht von Bewertungen trennen. Tut man es doch, so ist das Ergebnis naiver Historismus. Natürlich kann man alles miteinander vergleichen, aber wenn etwas Unvergleichbares verglichen wird, wird es relativiert. Im übrigen geht es denen, die die Shoa relativieren wollen, schlicht (fast) immer um eines: die Verharmlosung der Verbrechen des Nationalsozialismus.

Neben der Shoa gab es andere singuläre Völkermorde. Der an den Sinti und Roma ist einer. Nun verfolgen Menschen, die die Shoa relativieren wollen, die Strategie, dass sie Sinti und Roma gegen Juden ausspielen. Festzustellen ist jedoch, dass ein singulärer Genozid und noch ein singulärer Genozid nicht null singuläre Genozide sind, sondern zwei singuläre Genozide, die noch viel deutlicher als die eine Singularität die Ausmaße und die Unfassbarkeit des Nationalsozialismus zeigen.

Völkermorde sind generell zu bekämpfen

Festzuhalten ist: Völkermorde sind generell zu bekämpfen.

Wenn sie sich abzeichnen, muss die Weltgemeinschaft und jeder einzelne Mensch darauf reagieren. Wer immer versucht, die Ursachen für das Geschehene zu hinterfragen und zu analysieren, trägt dazu bei, neue Völkermorde zu verhindern.

Andererseits ist es so, dass eine Bagatellisierung oder Verfälschung der Gründe, die zu einem Völkermord geführt haben, diesen immer wieder ermöglichen.

Menschen, die z. B. behaupten, Antisemitismus gäbe es gar nicht und so die Mitursache der Shoa, den eliminatorischen Antisemitismus der Masse der Deutschen, für nicht existent erklären, tragen dadurch dazu bei, dass etwas wie die Shoa erneut geschehen kann.[11] Denn nur wenn wir uns der Gründe für die Shoa bewusst sind, kann sie unwiederholbar werden. Wenn wir die Gründe, die zur Shoa geführt haben, jedoch ignorieren oder durch unsachliche Vergleiche relativieren, tragen wir dazu bei, dass die Shoa durch Wiederholung wirklich kein singuläres Ereignis bleibt.

Oder, mit den Worten von Primo Levi, “Es ist geschehen, und folglich kann es wieder geschehen: Darin liegt der Kern dessen, was wir zu sagen haben.”[12] Jeder Versuch, durch die Relativierung der Shoa ein Vergessen von Auschwitz zu ermöglichen, trägt dazu bei Primo Levis Worte „Es ist geschehen, und folglich kann es wieder geschehen“ von einer Mahnung zu einer Prophezeiung zu machen.

Anmerkungen

[1] Mit Positionen wie „Für die Juden ist der Holocaust nicht einzigartig, weil damit eine ganze Menschengruppe systematisch ausgerottet werden sollte. Für die ist er einzigartig, weil er Juden betraf.“ will ich mich nicht auseinandersetzen. Antisemiten, die ihre unsägliche Ideologie auf ihre „Opfer “ übertragen, um diese zu diskreditieren, sind unter keinen Umständen satisfaktionsfähig oder ihre Propaganda diskussionswürdig. Sie sind nur dahin zu senden, wo sie hingehören: an den äußersten rechten Rand des politischen Spektrums.

[2] Enzo Traverso: Nach Auschwitz. Die Linke und die Aufarbeitung des NS-Völkermordes; Köln (ISP) 2000 Ich persönlich würde hier „sowie den Sinti und Roma“ einfügen, da der Shoa nie ohne Porrajmos gedacht werden kann. Mehr dazu unten im Text.

[3] s. Dieter Pohl: Verfolgung und Massenmord in der NS-Zeit 1933-1945, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2003

[4] In der Planung, der Verwaltung und dem dahinterstehenden Gedankengebäude hat Hass tatsächlich keine Rolle gespielt. Aber aus diesem “rationalen” Gedankengebäude entwickelten viele Deutsche infolge ihres eliminatorischen Antisemitismus Hass auf die Juden. Dieser Hass wurde durch das verschwörungideologische Gedankengebäude begründbar.

[5] s. David Bankier (Hrsg. im Auftrag der Gedenkstätte Yad Vashem): Fragen zum Holocaust. Interviews mit prominenten Forschern und Denkern: Interviews mit Christopher Browning, Jacques Derrida, Saul Friedländer, Hans Mommsen u.a., Wallstein Verlag, 2006

[6] Stéphane Courtois: Die Verbrechen des Kommunismus; in Courtois u.a.: Das Schwarzbuch des Kommunismus. Unterdrückung, Verbrechen, Terror; München und Zürich (Piper) 1998

[7] Bundesgerichtshof, BgH, RzW, 7 1956, H. 4, 113-114 Siehe auch “…wie Juden zu behandeln” http://www.zeit.de/2000/34/_wie_Juden_zu_behandeln/seite-3

[8] “Doppelte Vergangenheitsbewältigung“ und die Singularität des Holocaust, Universitätsverlag des Saarlandes, Seite 217 ff

[9] s. Moishe Postone: Nationalsozialismus und Antisemitismus. Ein theoretischer Versuch, in: Dan Diner (Hrsg.): Zivilisationsbruch. Denken nach Auschwitz, Frankfurt a.M. 1988 zitirt nach http://www.ag-freiburg.org/cms/texte/von-tier-kzs-und-einer-befreiten-gesellschaft/

[10] Wolfgang Wippermann, „Auserwählte Opfer?“ – Shoah und Porrajmos im Vergleich – Eine Kontroverse, Berlin 2005

[11] Darum ist es auch spannend, zu sehen, wer diejenigen sind, die die Weiterexistenz von Antisemitismus leugnen: Zuvörderst die Hamas, die Fatah, die Hisbollah und ihre Apologeten in Europa ebenso wie der notorische Shoa-Leugner Mahmoud Ahmadinejad. In Europa wird die Existenz von Antisemitismus besonders von militanten Rechtsextremisten geleugnet

[12] Primo Levi: Die Untergegangenen und die Geretteten, nach der dtv Ausgabe von 1993 zitiert, Original 1990 bei Hanser in München

Mit der #AfD Diskutieren?

14. September 2014

Im Vorfeld der am 13. März Bevorstehenden Landtagswahlen in drei Bundesländern ist erneut eine Diskussion über den Umgang mit der AfD losgebrochen. 

Mit der AfD muss umgegangen werden wie mit der NPD?

Die einen sagen: Mit Funktionären der AfD muss genauso umgegangen werden wie mit der NPD oder den Republikanern in den 90’er Jahren. Andere argumentieren, dass sie ja schließlich durch demokratische Wahlen in die Parlamente gelangt seien, und man mit allen demokratisch gewählten Abgeordneten reden müsse.

Gibt es einen „Königsweg“ im Umgang mit Funktionären der AfD?
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Die Sorge um das „Ansehen der Deutschen Nation” in der Welt

22. August 2013

tl;dr Wenn Rassisten gegen Schutzsuchende hetzen, sorgt sich IM Friedrich einzig  „um das Ansehen Deutschlands in der Welt“

Während der Pogrome 1992 sorgten sich alle Parteien um das „Ansehen Deutschlands in der Welt”, nicht aber um die vom Feuertod bedrohten Menschen. Außenminister Westerwelle fand die Mordserie des NSU nicht für die Dahingemordeten entsetzlich, sondern „vor allem sehr, sehr schlimm für das Ansehen Deutschlands in der Welt”. Und nun, wo Rechtsradikale und Rassisten gemeinsam gegen Flüchtlingsunterkünfte in Duisburg und Hellersdorf hetzen, sorgt sich IM Hans-Peter Friedrich (CSU) ebenfalls „um das Ansehen Deutschlands in der Welt“ und nicht um die von einem Mob belagerten Menschen.

Das Ansehen Deutschlands

Nicht der Sicherheit der Menschen, die bedroht werden, gilt die Sorge des sonst als Sicherheitsminister agierenden CSU Politikers. Ihn interessiert, neben dem Ansehen Deutschlands, nur noch, wie er den Forderungen nach der Entfernung der als störend empfundenen Schutzsuchenden nachkommen kann. Von Interesse ist für ihn, wie er den Mob beschwichtigen und belohnen kann.

Darum verspricht er dem rassistischen Mob, „die Verfahren zu beschleunigen”, damit die Schutzsuchenden möglichst schnell wieder in die Länder, aus denen sie geflohen sind, abgeschoben werden können.

Neonazis sind für IM Friederich Konkurrenz im  Kampf um Wählerstimmen.

Ebenso wichtig ist es ihm, die Erkenntnis zu vermitteln: „Neonazis schaden unserem Vaterland„.  Denn, wenn Neonazis sich aufs „Vaterland“ berufen, sind sie für  IM Friederich keine Gegner, sondern Konkurrenz im  Kampf um Wählerstimmen.

Unser Kämpfer für die Sicherheit fühlt sich am wohlsten,  wenn er die Nazis anklagen kann, un- oder gar anti-national zu sein. Hier lautet der Vorwurf: Nazis schädigen das Ansehen Deutschlands in der Welt, machen die Nachbarvölker misstrauisch gegenüber dem deutschen Gewicht in Europa, erschweren das Anwerben der klügsten Köpfe für den Forschungsstandort Deutschland und verhindern womöglich sogar ausländische Investitionen und die Schaffung von Arbeitsplätzen.

Die subtile Botschaft ist: der Kampf für das Vaterland und die Interessen der Nation sei einzig bei der CDU/CSU in guten Händen, denn sie stelle die einzige verlässlich, dem Vaterland dienende Kraft dar.

Klammheimliche Freude beim Anblick des Mobs?

Manche Bürger empfinden offensichtlich eine klammheimliche Freude beim Anblick des Mobs, setzt dieser die Parole „Alle Gewalt geht vom Volke aus“ in ihren Augen doch besonders einsatzfreudig und konsequent um. Mit den „Sorgen der Bevölkerung”, die in diesem Zusammenhang als Beweggrund ausgemacht werden, hat das übrigens nichts zu tun: Es ist schlicht eine konformistische Rebellion, die nach mehr und gnadenloserer staatlicher Härte ruft und dabei schon mal demonstriert, wie das auszusehen hat.

Rasereien der Marke Hellersdorf und Duisburg belegen: der autoritäre Charakter sucht sich immer wieder eine lustvolle Befriedigung in der Erniedrigung anderer. Er trachtet nach einer Sinnstiftung durch die Zugehörigkeit zu kleineren und größeren Kollektiven wie der Familie, dem Betrieb, dem Schützenverein, der Dorfgemeinschaft, der Nation  und durch den verbalen wie tätlichen Angriff auf alles, was nicht dazu gehört und es auch nicht soll. Wem das Leben sonst nichts zu bieten hat, der kann sich immer noch daran halten, Teil der Herrenrasse zu sein, mit den bekannten Folgen.

Ich für meinen Teil kann nur sagen: wenn ich höre, dass in Duisburg oder Hellersdorf Sätze  über  schutzsuchende Menschen fallen wie  „Der Dreck muss weg“ oder  „Zündet das Haus einfach an und Ruhe ist –  fertig“ schere ich mich keinen Deut um das Ansehen Deutschlands in der Welt. Ich habe Angst um die Menschen, die solchermaßen bedroht werden.

Ich bin sogar froh, dass die Welt zur Kenntnis nimmt, wie im Jahr 21 nach Lichtenhagen ein rassistischer Mob Häuser, in denen Schutzsuchende leben, bedroht. Denn nur so lässt sich ein neues Lichtenhagen verhindern. Und ich freue mich, dass es Menschen gibt, die ähnlich denken.

Menschenverachtende Sprache in der Piratenpartei

4. August 2013

tl;dr Oft folgen Diskussionen in der Piratenpartei dem Prinzip der Selbstaufwertung durch Abwertung anderer mit Diffamierenden Begriffen.

Viele Diskussionen in der Piratenpartei folgen dem Prinzip der Selbstaufwertung durch Abwertung anderer. “Wir” ist stets positiv belegt. Die Wörter zur Beschreibung der “Anderen” rufen beim Rezipienten negative Assoziationen hervor

hervor. Begriffe wie “Ministalinisten”, “Pirantifanten”, “Gutmenschen”,“Bildchensammler“, die Etikettierung als “sozial erfolglose Underdogs”[1] sind nur einige Beispiele dafür.

Sprache wird in der Piratenpartei oft zur Waffe. Einzelne versuchen andere durch die Benutzung von diffamierenden Begriffen zu vernichten.

Lingua Tertii Imperii

1947 veröffentlichte Victor Klemperer das Buch „LTI – Notizbuch eines Philologen“.[2]In diesem Buch analysiert er die „Lingua Tertii Imperii“, die Sprache des Dritten Reichs.Dieses Buch ist aus verschiedenen Gründen nicht nur ein fulminantes Stück Zeitzeugenliteratur, sondern es ist auch essentiell für die Entwicklung der Sprachanalyse. In der LTI  untersucht Klemperer anhand der Analyse der Alltagssprache den Zusammenhang zwischen Sprache und Denken.   
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Verlogenheit der Flüchtlingspolitik

9. Dezember 2012

In der Flüchtlingspolitik offenbart sich die Verlogenheit der Bundesrepublikanischen Gesellschaft. Einerseits Fordern die Bürger der BRD an der Seite ihrer Regierung vollkommen zurecht von Ländern wie China oder Syrien die Einhaltung der Menschenrechte. Andererseits aber wird das Elend unzähliger Flüchtlinge an den eigenen Grenzen billigend in Kauf genommen und mit einer dezidierten Abschottungs- und Abschreckungspolitik stetig verschärft.

Die europäische Flüchtlingspolitik ist ein Beispiel dafür, wie Besitzstandswahrung über Menschenrechte gestellt wird. Sie offenbart, dass die Achtung der Menschenrechte ein nachrangiges Kriterium der europäischen Politik ist.

Besitzstandswahrung wird über Menschenrechte gestellt

Selbst wenn es die Flüchtlinge schaffen, Europas Mauern zu überwinden und in die BRD zu kommen, erwartet sie keine offene, menschenfreundliche Gesellschaft. Die Drittstaatenregelung [1] führt dazu, dass Flüchtlinge, die in die BRD einreisen, gnadenlos wieder zurückgeschickt werden, wenn sie aus einem sogenannten sicheren Drittstaat kommen.

Zu den Sicheren Drittstaat zählen die Staaten der EU, Island, Norwegen und Schweiz. Reist ein Flüchtling z.B. über Griechenland in die BRD ein, dann ist Griechenland für das Asylverfahren zuständig. Griechenland, das aufgrund der Schuldenkrise und der aufgezwungenen Finanziellen Schocktherapie am Ökonomischen Abgrund steht, muss dann das Asylverfahren durchführen. Entsprechend katastrophal ist dort die Lebenssituation von Flüchtlingen.

Aus Humanitären Gründen herrscht mittlerweile ein befristeter Abschiebestopp nach Griechenland, doch die BRD will am Dublin-II-Verfahren festhalten, um so wenig Flüchtlinge wie irgend möglich aufnehmen zu müssen. Reiche Staaten meinen sich durch finanzielle Transferleistungen von ihrer Verantwortung auf Schutz der Flüchtlinge freikaufen zu können. Mann denke hierbei nur an Italien, das Flüchtlinge in das Libyen Gaddafis schaffen ließ.

Abgesehen davon, dass die Drittstaatenregelung die fehlende Solidarität innerhalb der Europäischen Union offenbart, wird damit ein klares Signal an die Flüchtlinge gesendet: in der BRD seid ihr nicht willkommen, verschwindet wieder!

Das Recht auf Asyl, eigentlich ein Grundrecht , bekommen nur die Wenigsten zugesprochen und ist faktisch abgeschafft. Gerade die Drittstaatenregelung verhindert dessen Wahrnehmung, da behautet wird, dieses Grundrecht stände den Flüchtling nicht zu. Zwar können sie auch auf anderen Wegen versuchen, einen Aufenthaltstitel zu erhalten. Das führt jedoch oft auf einen langjährigen Kampf mit den Mühlen der BRD Bürokratie hinaus, der viele Menschen zermürbt.

Das Recht auf Asyl  ist faktisch abgeschafft

Fremdbestimmung und staatliche Bevormundung prägen das Leben von Flüchtenden in der BRD. Flüchtende sind in der BRD der in Europa einzigartigen, „Residenzpflicht“ unterworfen. Im Rahmen der bundesdeutschen Asylgesetzgebung verpflichtet die „Residenzpflicht“ Flüchtende, sich nur im Landkreis der für sie zuständigen Ausländerbehörde aufzuhalten. Ein Verstoß gegen diese Auflage gilt als Straftat. Die „Residenzpflicht“ Reproduziert alltags rassistische und diskriminierende Denk- und Handlungsmuster. Sie stellt außerdem eine Einschränkung der Grundrechte dar und kriminalisiert Flüchtende. Dies geschieht, weil sie gezwungen sind, ihnen willkürlich auferlegte und inhumane Grenzen zu überschreiten, um ihren Alltag lebenswert gestalten zu können.

Die Erteilung von häufig sehr kurzfristigen Duldungen hält die Flüchtenden in dauerhafter Angst vor einer Abschiebung.

Wo die Flüchtenden in der BRD untergebracht werden, ist ebenfalls eine willkürliche Entscheidung des zuständigen Amtes. Sie werden nach einem System, welches die Asylsuchenden nach einem Zufallsprinzip in der ganzen BRD „gleichmäßig” verteilt. Hierbei sind bereits bestehenden sozialen Kontakten irrelevant. Dabei wird ihnen jegliches Mitspracherecht vorenthalten.

Untergebracht werden die Flüchtenden in den aller meisten Fällen in Sammelunterkünften also Zwangsunterbringungen, die fast immer abgelegen und kaum durch öffentliche Verkehrsmittel erreichbar sind. Flüchtlingswohnheime und Durchgangsunterkünfte sind für die meisten Flüchtenden keine sicheren Orte, an denen sie sich nach ihren traumatischen Erfahrungen zurückziehen können.

Das Problem ist nicht nur, dass sie abgelegen und durch die „Residenzpflicht“ geradezu isoliert leben, sondern vor Ort ebenfalls menschenunwürdige Zustände herrschen. Unzumutbarer Lärm, große Sanitärräume in unbeschreiblichen Zuständen und ohne Geschlechtertrennung, in denen nicht selten vor allem Frauen überfallen werden, sind nur einige dieser Missstände. Die Bewohner sprechen viele verschiedene Sprachen und somit gibt es wenig Möglichkeit zur verbalen Konfliktbewältigung.

Institutionelle Entmündigung

Die institutionelle Entmündigung der Flüchtlinge findet ihren Niederschlag auch in ihrer Versorgung. Die Sozialleistungen, die ihnen zustehen, werden vielerorts hauptsächlich in Form von Sachleistungen ausgezahlt, meist mit Gutscheinen oder Chipkarten, die nur in bestimmten, oft überteuerten, in der Nähe liegenden Geschäften für bestimmte Waren genutzt werden können. Auf diese Weise erfolgt eine Stigmatisierung dieser Menschen schon vor dem Einkauf. Außerdem gibt es Lebensmittelpakete und Textilien aus der Kleiderkammer.

Die medizinische Versorgung ist ein weiteres Beispiel dafür, dass Flüchtenden in der BRD das Grundrecht auf ein würdevolles Leben untersagt wird. Vor einem Arztbesuch muss ein Krankenschein vom jeweiligen Sozialamt eingeholt werden, welches in den meisten Fällen erst in der nächsten Kleinstadt zu finden ist. Die medizinische Behandlung selbst beschränkt sich dann meist auf die Symptombekämpfung – die Ausgabe von Schmerzmitteln ist die Regel, eine tatsächliche Behandlung der Krankheit die Ausnahme.

Die bisherigen Leistungen waren menschenunwürdig

Die bisherigen Leistungen für Flüchtende wurden durch das Bundesverfassungsgericht als menschenunwürdig erklärt, demnach erhalten Flüchtende von nun an Leistungen in Höhe von 336 Euro monatlich. (Anpassung an HartzIV-Satz). Davon müssen 130 Euro „für die persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens“ in bar ausgezahlt werden. Bislang lag dieser Betrag bei 40 Euro. Diese Veränderung ist nur ein Tropfen Wasser auf dem heißen Stein.

Darum ist es um so wichtiger, klar zu machen, das Menschen, die in Europa Zuflucht suchen, das Recht auf ein menschenwürdiges Leben haben. Das auch für sie ein Recht auf Bewegungsfreiheit und die Teilhabe an der Arbeitswelt, an Bildung und Kultur exestiert. Und dies natürlich auch, wenn die Gründe der Flucht noch nicht anerkannt sind, oder wenn eine Rückkehr in das Herkunftsland nicht möglich ist.

[1] als Dublin-II-Verfahren bezeichnet Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (Dublin II) http://de.wikipedia.org/wiki/Verordnung_(EG)_Nr._343/2003_(Dublin_II)

http://www.wir-falken.de/show/5969278.html?searchshow=flucht

 

 

#Bongs #BPT122 von Nationale und kulturellen Identitäten

27. November 2012

Ich bin nicht der erste, der zum Thema „wie die Piratenpartei die nationale Identität entdeckte“ schreibt.[1] und hoffentlich auch nicht der letzte.

Am Samstag, den 24. November beschloss die Piratenpartei „Raum zu schaffen für Menschen jeglicher Herkunft mit dem Ziel, ihre …nationalen Identitäten zu bewahren und zu pflegen.“[2]

Ihr sagt: The höher they come,

the blöder they fall

Der begriff der „Nationale Identität“ gehört zum festen Repertoire aller Menschen, die sich Rechts der CDU Positionieren.

Er wird sowohl vom „Institut für Staatspolitik“ [3] genutzt [4] als auch von der NPD [5].

Die Menschen, die das Grundsatzprogramm Inklusion geschrieben haben, haben in ihrem Denken eindeutig nichts mit den „Denken“ der zuvor zitierten gemein!

Die Menschen, die das Grundsatzprogramm Inklusion geschrieben haben wollten eine Wortkette nutzen, die im Öffentlichen Diskurs immer häufiger Synonym mit der von der „Kulturellen Identität“ genutzt wird. So ist in Sachsen immer häufiger von der „Nationalen Identität“ der Sorben die Rede, wenn man Kultur meint. Ähnliches gilt für für das Sprechen, auch von Progressiven Menschen, über andere kulturelle Minderheiten in der BRD.

Durch das konstruieren „nationaler Identitäten“ wird versucht, Menschen, die nichts miteinander gemeinsam haben, zwangsweise zu Kollektiven zu vereinigen. Das einzige, sie Formal vereinigende Element ist die Abstammung aus einem anderen Staat. Natürlich ist diese als solches schon völlig absurd. Was soll ein deutscherer, dessen Eltern die Türkische Staatsangehörigkeit besitzen, die aber ebenso wie er, in der BRD geboren wurden, mit einem Inhaber der Türkische Staatsangehörigkeit, der in Van lebt, gemeinsam haben?

Natürlich nichts, außer einer konstruierten „Nationale Identität“!

Letztendlich verdenkt das Reden von der „nationale Identität“ das „Produkt“, um den es wirklich geht. Es verdenkt schlicht den Inhalt, schnöden Nationalismus. Der Nationalismus gehörte zur ideologischen Grundausstattung Staatswertung weltweit und war nötig, Franzosen von Deutschen, Russen von Chinesen usw. abzugrenzen.

Alle in einem Staate lebenden Menschen wurden, in einem Langwierigen Prozess, zu einem Kollektiv, dem Staatsvolk vereinigt. Diesem Staatsvolk wurden bestimmte Eigenschaften angedichtet (im wahrsten sinne des Wortes [6]) durch die es sich von anderen Nationen, auch den im eigenen Lande lebenden, Abgrenzte.

Die „Nationale Identität“ umfasst Konstituierende Elemente wie die Ideologie von der gemeinsamen Sprache, Kultur und Geschichte. Ein paar Gemeinsamkeiten zum Beleg dieser Ideologie finden sich auch immer.

Die blöde Phrase von der „nationaler Identität“ dockt an der Sehnsucht der Menschen nach Geborgenheit in einer bedrohlichen Welt aus.

Das aber hat mit den Grundlagen der Piratenpartei wenig zu tun.

So verdammt emporgekommen

und immer noch standing tall

Anders verhält es sich mit dem begriff von der „Kulturellen Identität“. Hie werden zwei Begriffe miteinander verwoben, die die in ihrer Kombination sowohl positiv als auch Negativ besetzt sein können.

Zuerst zur Negativen Besetzung des Begriffs.

Es gibt Menschen, die reden von Kulturellen Eigenarten der Völker. Sie halten ein kollektiv, ein Volk in einem Staat für die träger der Kultur eines Staates. Dieses Volk definieren sie in Abgrenzung zu den Bürgern eines Staates. Das „Staatsvolk“ ist in diesem Denken also immer in einer Minderheit gegenüber den Staatsbürgern und gegenüber den Einwohnern eines Staates. Gleichzeitig ist das Staatsvolk Träger von Kulturellen Eigenschaften, die nicht angehörigen des Staatsvolkes nicht zugänglich sind.

Ihnen geht es nicht um Kultur, sondern schlicht um kulturellen Rassismus. Es geht ihnen darum, sich selbst in Abgrenzung zu anderen zu definieren, durch etwas, das angeblich in einem selbst ist. Wenn aber etwas, das ab der von Geburt in mir ist, den Unterschied zum anderen darstellt, dann muss ich es geerbt haben. Was ich aber geerbt habe, kann aber keine Kultur sein. Denn Kultur ist etwas, das Menschen selbst, als Kollektiv und auch Individuum gestalten.[8]

Dieser Begriff der „Kulturellen Identität“ ist mit den werten der Piratenpartei Inkompatibel.

Dem müssen wir unseren begriff der „Kulturellen Identität“ gegenüberstellen. Kultur und die Identitäten von Menschen baut für die Piratenpartei auf der Individualität von Individuen in selbstgewählten Gruppen auf.

Nach unseren Werten kann kulturelle Identität nicht verordnet werden. Es ist auch kein fertiges Ganzes, das man anerzogen bekommt oder durch Nachahmung übernimmt. In unserem Kontext heißt das, dass die Identität vom Individuum selbst aktiv und reflektiert konstruiert wird. Dies geschieht als Reaktion auf die Erfahrungen im alltäglichen Leben, auf Situationen im Umgang mit anderen Individuen. „Kulturelle Identität“ ist für die Piratenpartei ein „System aus Remix/Mashups“[10].

Ihr sagt „Was so abgeht

must doch bitte come down“

Die moderne Bildung von Kultur und die Entwicklung einer subjektiven Identität umfasst für die Piratenpartei immer die Akzeptanz von Subkulturen als konstituierender Bestandteil der Gesellschaftlichen Kultur allgemein.

Damit stellt unser Bild der „Kulturellen Identität“ das Gegenstück zu jeder Zuweisung von Kulturellen Eigenschaften aufgrund der Abstammung dar.

Damit ist die Piratenpartei, solange sie den Menschen unabhängig vom Kollektiv, aus dem er stammt, egal ob es deutsch,, Türkisch arabisch usw..genannt wird, in den Mittelpunkt des Denkens und Handelns stellt, der Natürliche feind allen Völkischen.

Eine kurze Randbemerkung zum Umgang des #bPT122 mit dem Beschluss des Grundsatzprogramm Inklusion incl. Bezug auf die „Nationale Identität“.

Ich fand die Reaktion derjenigen, die dem Antrag zugestimmt haben, zum Größenteil unglaublich selbstkritisch und Reflektiert.

Nach der Intervention von Anatol @astefanowitsch Stefanowitsch, der die größe aufbrachte, klar zu machen, das er intellektuell „Nationale“ mit „Kultureller“Identität verwechselt hat trat ein umdenken bei den Beteiligte ein. Nicht unbedingt vollständig, aber so reflektiert, das klar war, das sie aus Überzeugung handeln.

Andre @Brainvibes Martens zum Beispiel twitterte nach dem Statement von Oliver @Riotbuddha Höfinghoff noch „Könnten diejenigen, die jetzt was aus den „nationalen Identitäten“ interpretieren, sich mal die Intention des Inklusionsantrags ansehen?“

Eine stunde und gefühlte 10000 Tweets später Twitterte er „Aus Formulierungsgründen stimme ich jetzt gegen PA048 und werde für PA048 in neu formuliert stimmen.“

Zu Fehlern zu stehen und verhindern, das die Piratenpartei mit Begriffen, die uns, losgelöst von allen Inhalten, verbal nach Rechts öffnen bedeutet, eine Haltung zu haben.

Ich sag den Untergang ab

ohne runter zu schauen

Andere können da noch in die Ausbildung gehen. Wer auch zwei stunden nach ende der Abstimmung und der Rücküberweisung des Antrags zur Redaktionelle Bearbeitung Twitterte ein andrer, Potentieller MdB, noch immer „Gibt es eigentlich Medikamente gegen die Krankheit, die einen überall Nazis sehen lässt? #piraten #bpt122“

Niemand sieht überall Nazis, das Problem ist, das viele Mitglieder der Piratenpartei nicht bereit sind, rechte Inhalte als solche zu erkennen. Unser zukünftiger MdB gehört ganz eindeutig dazu.

Zwischenüberschriften aus Wir Sind Helden – „Gekommen um zu bleiben

[1] Wie der Antrag zur Inklusion zwei mal abgestimmt werden musste und was “nationale Identitäten” damit zu tun haben.

[2] Grundsatzprogramm Inklusion

[3] Institut für Staatspolitik

[4] „„Nationale Identität“ hat auch zu tun mit dem Selbstwertgefühl des Einzelnen und seiner Gruppe, mit Heimatverbundenheit und dem Ausgleich von Globalisierungsfolgen in der Psyche des modernen Menschen.

[5] „Nationale Identität bedeutet: Deutschland muß das Land der Deutschen bleiben und muß es dort, wo dies nicht mehr der Fall ist, wieder werden.“ 

[6] Friedrich Hölderlin Gedichte über die Deutschen

[7]  Varietäten

[8] Die „Identitären”, die neuste Erscheinung des Rassismus

[9] Identität, Ideologie, Repräsentation

[10] @incredibul in einen Tweet

Asyl, Lügen und Hetzkampagnen

4. November 2012

 

Im Augenblick tönt es wieder allüberall, das wir in unserer Verfassung einen Artikel über das Recht auf Asyl stehen haben, der gerade auf das übelste missbraucht werden soll. Hier stehen 2 3/4 der im Bundestag vertretenen Parteien [1] dafür ein, gegen den vorgeblichen „Asylmissbrauch“ vorzugehen, um das Hab und Gut der „Deutschen“ vor „Wirtschaftsflüchtlingen“ zu retten. Unterstützt werden sie von dem Pack der NPD und den Raum rechts von ihr.

 

…die welt ist grau, karg, nebelig, hält mich fest und knebelt mich, “

 

Der Hintergrund ist, das Wahlkampf in Niedersachsen, Bayern und auch im Bund ansteht.

 

Die Parteien bereiten sich darauf vor, und wäre man taub, man hörte es trotzdem. Als hätte die Bundesrepublik nicht dringendere Probleme, beginnen sie lautstark, Machtvoll geradezu, gegen Asylanten zu hetzen und wollen keine Leistungen mehr vergeben. In der Gier nach Wählerstimmen walzt man über diejenigen rüber, welche sowieso am Rande unserer Gesellschaft stehen.

 

Die Mehrkosten durch Asylanten machen im Haushalt keinen relevanten Posten aus, werden aber von Ministern wie Hans-Peter Friedrich (CDU), Ralf Jäger (SPD), Joachim Herrmann (CSU) zur Schicksalsfrage in der BRD stilisiert.

 

Die CSU, CDU in Gänze und der eine oder andere SPD und FDP Politiker markieren die „Serbischen und Mazedonischen Roma“ als Ursache für den herbei phantasierten „Massenhaften Asylmissbrauch“. Die angebliche Zunahme an Asylbewerbern ist ein Thema, welches Gemüter erhitzt und niemals folgt daraus eine sachliche Debatte.

 

„Die Zahl der Asylbewerber in Deutschland ist deutlich gestiegen. Laut Bundesinnenministerium stellten im September 6691 Menschen Asylanträge beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge…. Das ist klarer Asylmissbrauch. Ganze Dörfer kommen.“[2]

 

Nun gibt es einige, die Beginnen, über die Zahlen zu reden. Über die Zahlen zu reden ist jedoch ein, oftmals betriebenes, Missverständnis.[3]

 

Dieses Missverständnis beruht auf der Tatsache anzunehmen, dass es bei der derzeitigen Hetze um eine irgendwie, sei es in Platz oder ALGII zu bemessende, eingeschränkte Aufnahmekraft der BRD ginge.

 

Die Aufnahmekraft ist nämlich sehr flexibel: Je nach Forderungen der „die Wirtschaft“ genannten Unternehmerverbände verkraftet sie ohne weiteres einige Millionen von Migranten und 10.000 „Greencard“ Besitzer. Die Finanzkraft der BRD ist auch nur bei immer denselben Haushaltsposten leicht zu erschöpfen. Bei andern ist sie hingegen oftmals beliebig dehnbar.

 

Nachfragen aber mag da ja ohnehin niemand genauer.

 

Die Beobachtung, das es „zu viele“ sind die da kommen, hat nach der Übereinstimmung vieler Politiker schließlich auch einem anderen Grund.

 

…drückt mich auf den boden in den dreck, “

 

Der andere Grund, der ins Feld geführt wird, ist das angeblich steigende Unverständnis der Bevölkerung ob der Aufnahme von Asylbewerbern. [4] Deutsche Politiker sind äußerst sensibel wenn es ihnen darauf ankommt. Und in den Gefühlen ihrer Bürger, die dieses Unbehagen ausdrückt, kennen sie sich gut aus.

 

Im Denken der die Hetze betreibenden Politiker soll es für einen Hannoveraner Hochhaussiedlungsbewohner oder einen niederbayerischen Erwerbslosen nichts Lebenswichtigeres geben als das Privileg, als ALG II Bezieher zu vegetieren.

 

Darum schüren sie gezielt Ressentiments mit ihrem Reden von der Senkung der ALG Leistungen für Flüchtlinge. In ihrem Reden tun die Verantwortlichen so, als sei der Beschluss des BverfG, das Asylbewerber Anspruch auf ein ähnlich Lächerlich geringes Existenzminimum wie andere ALG2 Bezieher haben, Ursache der gestiegenen Bewerberzahlen.

 

Gekoppelt wird diese Lügen über die Ursachen mit der Generalanrechnung über die Rechtsprechung des BverfG als abgehoben und Realitätsfern und eigentlichen Verursacher der gestiegenen Zahlen.[5]

 

Verbunden wird die Hetze gegen Asylbewerber als „100 % Wirtschaftsflüchtlinge“ [4] mit der Mahnung, das Ausländerhass nicht geboten ist und der Versicherung, man werde der Lage schon Herr. So wird dann die Bevölkerung aufgefordert, Vertrauen in die Regierung zu haben und der eigenen Stimmung nicht nachzugeben. Einer Stimmung, die die auf Landes und Bundesebene Verantwortlichen durch ihr Gerede von „Asylentenflut“, „Asylmissbrauch“ oder wahlweise, bei den eher nach außen Rechts tendierende, „Asylbetrug“ erst erzeugt haben.

 

CDU/CSU greifen in den Ländern, in denen es in den Wahlkampf geht, begeistert die selbst erzeugten Schlagzeilen auf und deuten an, diesen mit dem Asylanten Thema auf das ausgiebigste führen zu wollen. Sie bieten also allen Rassisten ihre Tatkraft als die beste Waffe gegen das „Asylantenpack“ an.

 

Dies alles wäre nicht möglich, würde in der BRD nicht immer noch die Idee, das sie kein Einwanderungsland sei, breiten Raum einnehmen. So tönen dieselben Leute, denen es vor ein paar Jahren noch überhaupt kein Problem bereitet hat, Migranten anzuwerben oder per „Greencard“ in den Produktionsprozess der BRD einzuspannen.

 

…doch ich steh auf und wehre mich, senke mein haupt im leben nicht, “

 

Damit wird aber auch das einzige Kriterium für CDU/CSU, FDP und SPD benannt das in Sachen Migranten rein oder raus gilt. Es ist schlicht das der Abwägung von deren Brauchbarkeit für die Politik der BRD. Um es böse zu sagen: in den Zeiten des deutschen Wirtschaftswunders wurden dessen Macher mit Arbeitskraft von außen versorgt und der Rassismus in der BRD in Grenzen gehalten.

 

Heute entfällt ein aktueller Bedarf. Darum tönte es wieder und wieder, dass die BRD kein Einwanderungsland ist. Damit wird Klargemacht, dass „Asylanten“ Ausländer sind und sie es bleiben, die das deutsche Volk „überrennen“.

 

Dem Kriterium des „Deutschen“ können sie, in den Augen von CDU/CSU, grundsätzlich nie genügen. Verdächtig ist schon, dass sie aus ihrem Vaterland hierhin wollen. Die Gründe dabei sind egal, denn sie werden immer so hingestellt, als sei es zu wenig und alle Flüchtlinge per se Betrüger.

 

Daher sehen sich die Asylbewerber grundsätzlich mit dem Vorwurf des Betrugs konfrontiert. Gemessen an dem Reden Bundesrepublikanischer Politiker ist ihr Fluchtweg ein einziger Rechtsmissbrauch, eine Rechtslücke, die schleunigst geschlossen werden muss.

 

Angst wird geschürt, Ressentiments bedient, Stimmung gemacht – in Krisenzeiten gerne gegen Schwächere, damit der Mob bei Bedarf nach unten Auskeilen kann. Gerade ein paar Wochen ist es her, da wurde des Pogroms in Lichtenhagen gedacht, das auch ein Ergebnis von permanenter rassistischer Hetze gegen „Asylbetrüger“ war.

 

Im Jahre 1992 befeuerten ähnliche Äußerungen wie sie heute getätigt werden, die Stimmung in der BRD und mündeten in den Pogromen gegen die Asylbewerber in Rostock-Lichtenhagen. Auch damals sprachen Vertreter CSU, CDU und der eine oder SPD Politiker von Asylbetrug und Wirtschaftsflüchtlingen.

 

Auf die sich abzeichnende Entwicklung, das die Parteien, die politisch abgewirtschaftet haben, versuchen, von ihrem Scheitern durch des herbeireden einer „Asylkrise“ abzulenken, muss reagiert werden.

 

Gleichzeitig sollte versucht werden, der herbeigeredeten „Asylentenflut“, dem blöden Geschwätz von „Asylmissbrauch“ oder wahlweise „Asylbetrug“ klare Positionen entgegenzustellen.

 

…bleibe stark und fühle mich perfekt“

 

Im Internet sind Nationen, Nationalismus und die Aufteilung in Staatsbürgerschaften Begriffe, die sich verflüssigen, keinen Bezugspunkt haben. Für Digital Natives ist jeder Teilnehmer gleich und kann Anonym grenzenlos unterwegs sein. Machen anderen klar, dass wir aus dieser Erkenntnis unsere Idee von der Plattformneutralität ableiten und was sie bedeuten. [6]

 

Abgeleitet bedeutet Plattformneutralität, dass jeder mit möglichst gleichen Voraussetzungen ausgestattet sein soll. Sie bedeutet auch, dass niemand diskriminiert werden darf. Wenn wir Plattformneutralität wirklich ernst nehmen, dann müssen wir uns mit Migration, mit Sprache, mit Feminismus, mit Barrierefreiheit, mit der Abwehr von Rechtsextremismus auseinandersetzten.

 

Ich bin der festen Überzeugung, das aus dem Gedanken der Plattformneutralität eine Idee von einem inkludierten miteinander entstehen kann. In dieser Idee von Miteinander hat jeder Mensch den Raum, den er innerhalb einer inkludierten Gesellschaft benötigt.

 

Nehmen wir die Idee der Plattformneutralität und schaffen aus ihr heraus Voraussetzungen für ein wirkliches Zusammenleben aller Menschen in der BRD.

 

Zwischenüberschriften aus Berlinutz – „Grau, Karg, Nebelig“ http://www.youtube.com/watch?v=SOD0NLxcJzQ&feature=player_embedded

 

[1] Hier sind CSU, CDU, teile der F.D.P und teile der SPD gemeint.

 

[2] http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.migration-friedrich-will-geld-fuer-asylbewerber-vom-balkan-kuerzen.78fcd75c-cc08-49ec-85f3-1781f66f4f17.html

 

[3]http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/asyl-statistiken-belegen-rueckgang-von-bewerbern-und-kosten-a-845546.html

 

[4] http://www.swp.de/gaildorf/lokales/gaildorf/Die-Asyl-Debatte-im-Gaildorfer-Gemeinderat;art5533,1672658

 

[5] http://www.abendblatt.de/politik/article109815392/Friedrich-will-Asylbewerbern-Zahlungen-kuerzen.html

[6] Das politische Denken der Piraten http://www.ctrl-verlust.net/das-politische-denken-der-piraten/ und http://www.ctrl-verlust.net/glossar/plattformneutralitat/ und http://www.ctrl-verlust.net/managing-ctrl-verlust-ii-plattformneutralitat-als-politik/