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Staatliche Simulation von Antifaschismus

7. Dezember 2012

Mit der Ankündigung eines neuerlichen NPD-Verbotsantrags verkommt der sowieso lächerlich anmutende staatliche Krampf[1] gegen Rechts zur symbolischen Politik. Nachdem das Bundesverfassungsgericht 2003 die Akten des damaligen Verbotsverfahrens in den Müll geworfen hatte, schien ein solcher Antrag aussichtslos. Schließlich tummeln sich nach wie vor mehr als 130 V-Leute in den Reihen der NPD und wohl auch in ihren Vorständen.[2]

Whoa!

What is this land America, so many travel there

Jedoch wird gerade an diesem Punkt die totale Absurdität des Antrags auf NPD-Verbot sichtbar.

Ein Verbotsverfahren ist schlicht ein schlechter Scherz. Eine Partei, deren Politik durch Spitzel des Verfassungsschutzes bestimmt wird, ist alles, nur nicht frei von Staatlicher Einflussnahme. Und wenn die V-Leute Führer der Ämter für Verfassungsschutz es vermieden haben sollten, ihren Angestellten die Parteitagsreden zu schreiben, so haben sie ihnen doch die reisen zum Parteitag Finanziert.

Die Verbindung zwischen den Geheimdiensten der Bundesrepublik und ihren Angestellten in der NPD eröffnet somit eine Vollkommen neue Dimension des Begriffs „Staatliche Parteineufinanzierung“.

Die Zusammenarbeit zwischen den Verfassungsschutz Spitzeln in der NPD und ihren Auftraggebern lassen einen auch an der Definition von Amtshilfe zweifeln.

Beispielsweise soll der Verfassungsschutz einen Spitzel bestärkt haben, einen Praktikanten als Spitzel in die Landtagsfraktion „Die Linke“ einzuschleusen. Über dessen Berichte hat sich die Geheimpolizei dann Bericht erstatten lassen. Outsourcing von Staatlichen Aufgaben an Neonazis ist schon was feines.

Die Grenzen zwischen der NPD und den Verfassungsschutzämtern sind offenkundig so fließend, dass man nicht weiß, wo das eine anfängt und das andere aufhört.

I’m going now while I’m still youn–– my darling meet me there

Aber wenden wir uns anderen Aspekten zu, die gegen ein NPD verbot sprechen.

Das Verbot von Rechten Parteien und Organisationen wirft deutlich mehr Probleme auf, als es zu lösen im Stande ist. Dem verbot folgt in der Regel eine Rudimentäre Verunsicherung der rechten Szene. Eine Staatliche Verbotspolitik drängt teile der Betroffenen ins Gesellschaftliche Abseits. Dies Ändert jedoch nichts an der Tatsache das ihr unseliger Geist weiter wirkt.

Gefährlicher jedoch dürften die Folgen der Delegation des Problems, das Neonazis darstellen, an den Staat sein. Die gesellschaftliche Verdrängung der Ursachen von Rechtsextremismus, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit werden durch einen Verbostantrag befördert und zur Staatsdoktrin erhoben. Über die gesellschaftlichen Bedingungen von Rechtsextremismus, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit muss, da der Staat sich des Problems angenommen hat, nicht mehr Diskutiert werden.

Dies behindert nicht nur eine offensive politische Auseinandersetzung und eine engagierte Gegenwehr durch gesellschaftliche Instanzen und die Bürger gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit.

Eine Delegation des Handelns gegen Rechte an den Staat befördert auch eine Sicherheitskonzeption, die der Bevölkerung vorgaukelt, verhängnisvolle politische Entwicklungen könnten geheimdienstlich, polizeilich, strafrechtlich oder schließlich per Verbotsdekret eliminiert werden.

Ein solches denken und eine solche Delegation sind natürlich Totaler quatsch. Fremdenfeindlichkeit und Rechtsradikalismus sind, anders als immer behauptet, keineswegs ausschließlich ein Problem der gesellschaftlichen Ränder, sondern ein Problem, das weit in die Mitte der Gesellschaft reicht.

Mit einer Staatlichen Verbotspolitik wird die Auseinandersetzung mit den Ursachen und Trägern Faschistischer Ideologie im Akzeptierten Bereichen der Gesellschaft erschwert.

Ein anderer Aspekten, der gegen ein NPD verbot spricht, ist das damit einhergehende Verleugnen Gesellschaftlicher Realitäten.

Wish me luck my lovely, I’ll send for you when I can

And we’ll make our home in the American land

Immer und immer wieder wird behauptet, bei den NPD Wählern handele es sich um frustrierte Menschen, die den etablierten Parteien nur einen Denkzettel verpassen wollten.

Erweitert man den Blick auf das rechtsextreme Milieu aus Musikszene, Skin-Gruppen, Heimatvereinen, heidnischen Gruppierungen und Kameradschaften, so wird offenkundig, wie falsch dieses Bild ist.

Der NPD-Wahlerfolg in einzelnen Teilen der BRD fußt auf einer tiefen Verankerung rechtsextremer Milieus bisher unbekanntem Ausmaßes. Dabei ist diese Verankerung rechtsextremer Milieus eine Folge des langjährigen Einsickerns rechtsextremer Ideologie über einen Mix aus subkulturellen Codes wie Musik und Lifestyle sowie klassischer Bildungs- und Schulungsveranstaltungen.

Rechtsextreme Szenen schaffen Gemeinschaftserlebnisse für Jung und Alt: Über Brauchtumspflege, nordische Mythen und „nationale Jugendarbeit“ werden potenzielle SympathisantInnen angesprochen. Kameradschaften werden als akzeptierte gesellschaftliche Akteure wahrgenommen, dürfen beispielsweise den Maibaum aufstellen oder als Ordner für Volks- und Schützenfeste fungieren. Ortsansässige Mittestländler mit offen rechtsextremen Wertvorstellungen, sind gesellschaftlich integriert und wählbar.

Hier ist auch der Punkt, an dem das Konzept der „national befreiten Zonen“ ansetzt.

In teilen der BRD existiert eine, Gesellschaftlich geduldete, Hegemonie rechter Jugendkultur.

Die kulturellen Höhepunkte im Leben vieler „normaler“ Jugendlicher sind die Sonnenwendfeiern und die obligatorischen Geburtstagsfeiern alljährlich am 20. April, mit Konzerten unter dem Motto „Kraft durch Musik“. By The Way Alleine 2011 gab es alleine in dieser Gegend elf Nazi Konzerte!

Zum Kulturellen Leben, auch nicht rechter Jugendlicher dieses teils Sachsens scheinen neben Zeltlagern auch Übergriffen gegen alle, die sich diesem rechten Mainstream widersetzen zu gehören.

Der „normale“ Jugendliche aus diesen gebieten hat etwas gegen Ausländer und sich „undeutsch“ gebende Deutsche, aber „rechts“ ist er, in seiner Selbstsicht, in der Regel nicht. [4]

Over there all the women wear silk and satin to their knees

Statt gegen das Bilden national befreiter Zonen vorzugehen verfolgt man lieber Antifaschisten, Verlangt die Einhaltung strikt bekloppter Extremismus Klauseln in der Freien Jugendarbeit und und versucht die NPD zu verbieten.

Das Problem mit dem NPD verbot besteht darin, das es gar nicht um Nazis geht. Es geht um Simulation von Antifaschismus.

Zwischenüberschriften aus Bruce Springsteen- „American Land“ 

[1] Ja, Krampf

[2] 130 NPD-Spitzel – und keiner will etwas gemerkt haben

[3] Ex-NPD-Spitzenfunktionär war V-Mann

[4] ChronikLe

Politischer Surrealismus: NPD-Verbot wegen NSU Terror

20. August 2012

Zehn Menschen, vielleicht sogar mehr, wurden durch den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) getötet. Die Ermittlungen zu den Taten der Zwickauer Terrorzelle sind noch lange nicht abgeschlossen. Ein Untersuchungsausschuss im Bundestag beschäftigt sich ausgiebig mit dem NSU.

 Und auch in den einzelnen Bundesländern werden die vergangenen Jahre intensiv aufgearbeitet.

Irreale Forderungen führen zu irrealen Diskussionen

Und obwohl noch ziemlich unklar ist, wer an welcher Stelle versagt hat, wie Polizei und Verfassungsschutz sich gegenseitig im Weg standen und welche Unterstützer das Nazi-Trio genau hatte, wird eine Forderung seit Wochen und Monaten immer wieder hervor geholt: Wir müssen die NPD verbieten!

 Aber weil die Aufklärung gerade erst begonnen hat, führt das Wiederaufwärmen der alten NPD-Verbotsfrage zu eine grundfalsche Debatte: Irreale Forderungen führen eben zu irrealen Diskussionen.

 Vergessen wir an dieser Stelle nicht, dass nicht etwa ein NPD-Funktionär, sondern ein hessischer Verfassungsschützer am Tatort in Kassel war.

 Vergessen wir nicht, dass ebenjener Verfassungsschützer in seiner Wohnung Abschriften von Propaganda-Schriften aus dem Dritten Reich und aus Adolf Hitlers „Mein Kampf“ sammelte.

Vergessen wir nicht, das es Hessens damaliger Innenminister Bouffier war, der die Ermittlungen durch verhängen eines Aussageverbotes gegen dieses Zeugen beeinflusst hat.

Vergessen wir nicht, dass es das hessische Innenministerium war, das am lautesten von „Morden im Kleinkriminellen Umfeld“ geblökt hat.

Sorry, an dieser Stelle muss ich jetzt mal kurz unterbrechen und meinen Kopf gegen die Wand hauen, damit der Schmerz nachlässt.

 Was jetzt auf den Prüfstand muss, ist nichts als die Sicherheitsarchitektur der Bundesrepublik.

 Inkompetenz gewordene Behörde

 Im Jahresbericht 2010 lobte Innenminister Friedrich den Verfassungsschutz als eine „Institution, die als unverzichtbares Frühwarnsystem gute und wertvolle Arbeit“ leistet.

 Von wegen unverzichtbar! Wenn im Lichte des NSU Terrors eines feststeht, dann das diese Inkompetenz gewordene Behörde in diesem Fall noch fataler versagt hat als es in der Regel der fall ist.

 Von Frühwarnung beim braunen Terror kann hier nicht die Rede sein. Beim Sichtbaren willen, die Aufklärung zu behindern und das Morden, zu mindestens nicht aktiv zu bekämpfen, schon.

Die aus dem Kalten Krieg übriggebliebene Veranstaltung namens Verfassungsschutz, das heißt die vorbeugende Überwachung des „Extremismus“ verdächtiger Bürger weit im Vorfeld messbarer Gefahren, diese deutsche Spezialität findet in westlichen Demokratien kein institutionelles Pendant.

Sie hat, nüchtern betrachtet, einen sicherheitspolitischen Nutzwert, der gegen Null tendiert. Bestenfalls gibt es aus dieser Ecke keine Skandale zu vermelden. Der Rest ist, auch wenn das Argument des Steuerzahlers etwas kleinlich wirkt, rausgeschmissenes Geld. Kurz: Auf den Verfassungsschutz können wir gut und gerne verzichten.

 Nutzloses schlicht abwickeln

 Die Konsequenz ist einfach, doch angesichts des, auch in der Piratenpartei weit verbreiteten Mantras von „streitbare Demokratie“, an die fast alle ganz fest glauben, eine schier unmögliche Reform. Doch sollte man Nutzloses wie die Ämter für Verfassungsschutz schlicht abwickeln.

Die, falls eventuell irgendwo vorhanden, talentierten Personalreste kann man in die Normalen Kommissariate der Kriminalpolizei eingliedern.

 Es gibt ein Leben nach dem Verfassungsschutz

Auch wenn vielen Überwachungs und Bespitzelungs Fetischisten in dieser Republik beim bloßen Gedanken daran die Haare zu Berge stehen: Die  Reform des bundesrepublikanischen Geheimdienst und Polizei Systems ist so überfällig wie auch möglich.

Und den Beschützern Inkompetenter Verfassungsschutz Mitarbeiter sei gesagt:  Es gibt ein Leben nach dem Verfassungsschutz